Atelierhaus Rösler-Kröhnke

Die Kühlung ist ein besonders schöner Ort im Ostseebad Kühlungsborn. Etwas außerhalb auf einem Hügel liegt das Museum Atelierhaus „Rösler-Kröhnke“ im Sommer inmitten eines bunt blühenden Gartens. Von dort reicht der Blick weit über die Landschaft bis zur Ostsee.

In diesem Haus befindet sich eine kunstgeschichtliche Zeitreise von 1900 bis heute. Zweimal jährlich gibt Anka Kröhnke dort in wechselnden Ausstellungen Einblick in den vielseitigen Nachlass dreier Generationen der Künstlerfamilie Rösler-Kröhnke. Hinzu kommen Gastkünstler. Damit ist dieses Angebot einzigartig in der Region. Das Dach mit den drei roten Giebeln wurde zum Logo des Hauses. Es beherbergt nicht nur das Museum, hier arbeitet auch Anka Kröhnke, die 3. Generation. Werke von Waldemar Rösler (1882–1916), seiner Frau Oda Hardt-Rösler (1880–1965), Walter Kröhnke (1903 – vermisst seit 1944) seiner Frau Louise Rösler (1907–1993) und der Tochter Anka Kröhnke finden sich im Museum-Atelierhaus. „Alle vier waren anerkannte Künstler ihrer Generation und sind in wichtigen Museen vertreten“, sagt Anka Kröhnke. Die einzelnen Künstler der Familie Rösler-Kröhnke entwickelten eine vollkommen unterschiedliche Bildsprache, was nicht zuletzt auch mit der jeweiligen Epoche zu tun hatte. So ist es möglich, aus dem reichhaltigen Fundus der Bilder und graphischen Arbeiten in der Galerie immer wieder neue Aspekte zu präsentieren. Nach dem Tod ihrer Mutter, Louise Rösler, brachte die Tochter die Bilder zuerst in ihrer Hamburger Wohnung in Regalen unter.

„Aber der Anblick dieser wunderbaren, lebendigen, jetzt zusammen gepferchten Bilder war so quälend unerträglich für mich“, sagt sie. „Ich wurde immer unglücklicher, bis mein Mann Hanno Jochimsen die Idee mit einem Familienmuseum hatte. Für mich ein geradezu tollkühner Gedanke, aber dann machten wir uns doch auf die Suche nach einem passenden Ort. Nach drei Jahren entdeckten wir das sanierungsbedürftige Objekt in der Kühlung, 2002 starb ihr Mann. „Es war eine schwere Entscheidung: in Hamburg bleiben oder das Projekt Kühlungsborn durchziehen“, sagt Anka Kröhnke. Sie fand Unterstützung durch ihren Cousin Georg von Groeling-Müller, dem die Idee einleuchtete. „Meine Vision war, die Kunst im Innern des Hauses umgeben von einem blühenden Garten mit dem, sich ständig verändernden herrlichen Ausblick auf die Ostsee zu einer Gesamtkomposition werden zu lassen“, sagt Anka Kröhnke und es ist ihr gelungen. Im Mai 2004 fand die erste Vernissage statt, in einem Gebäude, dass einst ein Ausflugscafé war. Besucher beschreiben diesen Ort im Gästebuch so: „Ein Haus für die Seele – eine Kunstinsel – ein Ort zum Wiederkommen.“ Oder „Ein wunderbarer Spannungsbogen über Generationen und Zeiten.“ Wer Interesse hat, den führt Anka Kröhnke durch das Haus und gibt Auskunft über die derzeit ausgestellten Werke.

Anka Kröhnke wurde 1940 als Tochter der Malerin Louise Rösler und des Malers Walter Kröhnke in Berlin geboren. Nach ihrem Abitur absolvierte sie ein Studium an der Meisterschule für das Kunsthandwerk Berlin mit staatlichem Abschlussdiplom und Werkstatt in Berlin. 1969 wechselte sie nach Hamburg. 1982/83 erhielt die Künstlerin einen Lehrauftrag an der Fachhochschule Hamburg. 1984 erfolgte die Berufung für eine Professur in Bielefeld, die sie jedoch nicht annahm, um frei arbeiten zu können, so wie einst auch der Großvater. 2003 erfolgte der Umzug nach Kühlungsborn. Viele Preise erhielt Anka Kröhnke, deren Werke unter anderem vom Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg, dem Museum für Angewandte Kunst in Berlin, dem Malmö Museum in Malmö und dem Museo Bellas Artes in Mexico City sowie vom Deutschen Bundestag in Berlin angekauft wurden. Die Künstlerin verarbeitete von Anfang an gerne „Fundsachen“ und Materialien, die oft ganz andere Zwecke erfüllen, wie zum Beispiel Aluminium-Schweißstäbe, Bleche, Cd´s, Getränkedosen, auch Holzreste. Bis heute blieb sie innovativ und experimentierfreudig: rund, eckig, Schwarz-Weiß oder farbig, je nachdem wozu das Ursprungsmaterial sie anregt. Auch entstehen strukturell angeordnete Leucht-Objekte aus fluoreszierenden Acrylglasstäben, die sie zu halb transparenten Reliefs verarbeitet. Im Herbst 2020 wird es zu ihrem 80. Geburtstag eine Schau mit ihren Werken geben. Waldemar Röslers (1882–1916) impressionistische großformatige Arbeiten mit breitem Pinselstrich aufgetragen, entstehen vor der Natur. Sie wirken poetisch. Er verweigerte sich der Avantgarde und war dennoch kein Traditionalist. Für ihn gab es „nur gute Kunst von einzelnen starken Persönlichkeiten, keine Richtungen“, wie er einmal sagte.

Mit 14 Jahren besuchte er die Königsberger Akademie und wurde Meisterschüler von Ludwig Dettmann. 1905 zeigte Rösler erstmalig eine Zeichnung in einer Ausstellung der Berliner Sezession. 1906 heiraten er und Oda Hardt. Das Ehepaar übersiedelt nach Berlin. Mit der 15. Ausstellung der Berliner Sezession wird er schlagartig bekannt und Max Liebermann auf ihn aufmerksam. Es entstehen Freundschaften mit Max Beckmann und Theo v. Brockhusen. Auf Vorschlag Beckmanns wird Rösler 1910 in den Vorstand der Berliner Sezession gewählt. 1913 lehnt er eine Professur in Kassel ab, um sich ganz der Malerei widmen zu können, ein Jahr später ebenso eine Professur in Weimar. Mit Kriegsbeginn wird er zur Landwehr an der Westfront eingesetzt. Rösler durchlebt den fürchterlichen Stellungskrieg in Schützengräben, wird durch Tapferkeit zum Leutnant befördert und erhält das Eiserne Kreuz. 1916 wird er auf Grund seines physischen und psychischen Zustandes nach Ostpreußen versetzt, wo er sich am 14.12. das Leben nimmt. Max Liebermann schrieb in seinem Nachruf: „Unter seinen Altersgenossen war er nicht nur eines der hoffnungsreichsten, sondern auch eines der gediegensten Talente.“ Oda Hardt-Rösler (1880–1965) zeigt schon als Jugendliche in ihren frühen Arbeiten so eindeutig Begabung, dass sie Malerei studieren durfte, was um 1900 noch ungewöhnlich war. An der Königsberger Akademie lernt sie Waldemar Rösler kennen. Mit der Heirat hört sie auf zu malen, vermutlich der Konvention folgend. Erst Jahre nach dem Tod ihres Mannes, kann sie sich dazu durchringen, ihre künstlerische Tätigkeit wieder aufzunehmen. Es entstehen in erster Linie Porträts und Stillleben. Walter Kröhnke (1903–1944 vermisst) blieben nach dem Studium bei Karl Hofer gerade einmal zehn Jahre für seine Arbeit bis Kriegsbeginn. In dieser kurzen Zeit entwickelte er eine unverkennbare Handschrift. Seine Sujets, Landschaft und Figuren, löste er in zunehmendem Maße abstrakt in strukturierte Farbflächen auf. Mit schwungvollen Linien betonte der Künstler die Flächen und verband sie gleichzeitig miteinander. Der größte Teil seiner Bilder verbrannte 1943 bei den Bombenangriffen auf Berlin. Aber selbst anhand des kleinen Bestands an Arbeiten, das erhalten ist, kann man erkennen, dass hier ein großes Talent am Werke war.
Für Louise Rösler (1907–1993) war die Großstadt Thema und Anregung. Sie liebte das Zusammenspiel von Architektur, Bäumen, Reklamen, Lichtern dass das ganze dynamische Leben der Stadt ausmacht. Während gelegentlicher Besuche im zerbombten Frankfurt sah sie die Trümmer, manchmal rosig gefärbt im Abendlicht und malte nach diesem Seh­erlebnis geradezu poetische Bilder – nur die schwarzen Fensterhöhlen verraten den desolaten Zustand der Häuser. Sie besaß eine sehr moderne Formensprache von enormer Kraft und Dynamik. „Durch ihre individuelle Art zu malen passten ihre Bilder bei Ausstellungen leider in kein Genre und hingen dadurch meist unglücklich, sodass sie kaum bemerkt wurden“, sagt Anka Kröhnke. Louise Rösler war ihrer Zeit voraus. Während des 2. Weltkrieges lebte Louise Rösler mit ihrer kleinen Tochter Anka in Königsstein im Taunus, nachdem sie aus Berlin evakuiert wurden. „In den Nachkriegsjahren herrschte Mangel an allem, natürlich ebenso an Leinwand und Papier.

So entstanden sehr kleinformatige Arbeiten auf gefundenen Holzbrettchen, Pappstücken und auch die Hartfaserpappen, die nach den ersten freien Wahlen übrig blieben und dienten als Malgründe“, erinnert sich Anka Kröhnke. „Die Bonbonpapiere von den Besatzungssoldaten waren damals das einzig bunte im grauen Nachkriegsdeutschland. Danach haben wir immer geschaut und sie am Straßenrand aufgesammelt.“ So entstanden Louise Röslers erste Collagen. „Wir lebten auf engsten Raum. Sie malte im Wohnzimmer, das auch Arbeits-, Schlaf- und Esszimmer war. Seit nunmehr 15 Jahren existiert das Atelierhaus in Kühlungsborn. 2005 wurde der Verein der „Freunde und Förderer des Atelierhauses Rösler-Kröhnke“ gegründet, deren Mitglieder die Arbeit des Museums unterstützen mit dem Ziel, die Sammlung von Kunstwerken dieser besonderen Künstlerfamilie zu pflegen, zu erhalten und sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sowie Sponsoren zu finden.

Das Museum Atelierhaus Rösler-Kröhnke ist geöffnet: freitags, sonnabends und sonntags, jeweils 11.00 – 18.00 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung: 038293/15339.

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