80 Jahre Ostseebad Kühlungsborn

Am 1. April 2018 ist der 80. Geburtstag des Ostseebad Kühlungsborn – groß gefeiert wird dieser Tag aber nicht. Warum und wieso lesen sie in dem folgenden Artikel von Dr. Jürgen Jahncke. Was ist in den 80 Jahren alles passiert und wie kam das Ostseebad zu seinem Namen?

Nach ihrer Machtergreifung im Januar 1933 verabschiedeten die Nationalsozialisten im März desselben Jahres das Gesetz über die Gleichschaltung in Reich, Länder und Gemeinden. Das ermöglichte ihnen, die Selbstverwaltung der Kommunen abzuschaffen, sie zentralistisch nach dem Führerprinzip aufzubauen und alle Ämter mit ihren eigenen Gefolgsleuten zu besetzen. Von nun an bedurften die Gemeindevorsteher der Bestätigung durch den Landrat und durch den Kreisleiter der NSDAP. Mit der Verordnung zur Sicherheit der Staatsführung vom 8. Juli 1933 wurden auch alle Mitglieder von anderen Parteien aus den Gemeindevertretungen endgültig entfernt.

Nun schien es leichter, die beiden Gemeinden Brunshaupten und Arendsee zu vereinen, nämlich mit Nachdruck der NSDAP-Führung. Obwohl die Arendseer Parteigenossen im Jahr 1935 immer noch glaubten, die Vereinigung abwenden zu können, indem sie mit allen Mitteln argumentierten, äußerte sich Brunshauptens Bürgermeister Harm positiv gegenüber einem Zusammenschluss. Denn perspektivisch galt es, die Kosten für den Ausbau des Straßennetzes, den Ausbau der Trinkwasserversorgung sowie der Abwasserbeseitigung und den Anschluss an die Energienetze aufzubringen. Es galt, Kosten für die Verwaltung zu verringern, den Gartenstadtcharakter der Orte zu pflegen sowie Großprojekte wie den Bau einer Mole, einer verlängerten Seebrücke und eines zentral gelegenen Konzertgartens und den Küstenschutz zu planen. Die kleinlichen Streitereien zogen sich bis Januar 1937 hin. Dann lud Gauleiter Friedrich Hildebrandt am 12. Januar 1937 die Gemeindevertreter beider Bäder zu einer Sitzung in Brunshaupten ein, deren einziges Thema die Vereinigung war. Danach gab es keinen Widerspruch mehr.

Am 16. März 1937 nahmen die Gemeindevertreter die endgültige Entscheidung des Gauleiters zur Kenntnis, dass am 1. April 1937 der Zusammenschluss erfolgen wird. In Form eines Betriebsappells fand somit am vorgegebenen Datum die Eingemeindung des Ostseebads Arendsee in die Gemeinde Brunshaupten statt. Ihr neuer Name war „Ostseebad Brunshaupten-Arendsee“. Im September 1937 stand bereits fest, dass der zusammengeschlossenen Gemeinde am 1. April 1938 das Stadtrecht verliehen werden sollte. Gauleitung, Gauamtsleitung, Bürgermeister und die hiesige Gemeindevertretung sowie Persönlichkeiten wie der Mecklenburgforscher Richard Wossidlo wurden nun gebeten, einen Namen für die zu gründende Stadt zu finden. Es wurde sogar ein Preisausschreiben ausgelobt. Während Bürgermeister Rychlik sich mit Nachdruck für die Erhaltung des in Deutschland bereits bekannten Namens „Brunshaupten-Arendsee“ einsetzte, suchten Gauleiter Hildebrandt und Gauamtsleiter Crull eine werbewirksamere Bezeichnung. Die hiesigen Gemeindevertreter beabsichtigten neben anderen Vorschlägen, den Namen Hildebrandt mit der neuen Ortsbezeichnung zu verbinden, jedoch wurde am 11. März 1938 die Gemeindeversammlung des Ostseebads Brunshaupten-Arendsee in Kenntnis gesetzt, dass die zu gründende Stadt „Ostseebad Kühlungsborn“ heißen soll.

Alle stimmten dem Vorschlag begeistert zu. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung verlieh Hildebrandt, nachdem er am gleichen Tag Rerik gegründet hatte, dem Ort seinen neuen Namen und überreichte dem Bürgermeister die Urkunde der Stadtrechtverleihung und das von Professor Schweitzer entworfene Wappen mit den drei Möwen.

Veranstaltungen zur Stadtgründung des Ostseebades waren zur Zeit der DDR und auch später stets umstritten, weil die Stadtrechtverleihung unter der nationalsozialistischen Diktatur vollzogen worden war. Es handelte sich um eine rein propagandistische Show-Veranstaltung in ihrem Interesse, die auch der Vorbereitung des kommenden Krieges diente und jeglicher demokratischer Grundlage entbehrte.

Bei den Feierlichkeiten anlässlich der Stadtgründungen in den Jahren 1988, 1998, 2008 und 2013 werteten die Stadtvertreter stets diese Tatsachen und würdigten die Leistungen der Bürger für ihre Stadt beim erneuten Aufblühen des Ostseebads nach dem verheerenden Krieg. An den 80. Jahrestag der Stadtrechtsgründung am 1. April wurde in Kühlungsborn nicht an dieses Datum erinnert. „Es findet am Pfingstsonnabend im Konzertgarten Ost eine Feierstunde statt, bei der auch die historischen Umstände dieses Ereignisses berücksichtigt werden“, erklärt Bürgermeister Rüdiger Kozian (parteilos). Danach wird wie jedes Jahr ein Heimatfest gefeiert, „das aber eigentlich mehr dem langen Pfingstwochenende gewidmet wird“.

Dr. Jürgen Jahncke

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