Die Villa Baltic

DIE VILLA BALTIC & BRÜDER ASCHENBECK

Noch ist ihre einstige Schönheit nur zu erahnen, obwohl ihr Inneres geplündert und beschädigt wurde. Nach sehr langem Stillstand indem die neobarocke Villa sozusagen Herrenlos war, gibt es nun einen Hoffnungsschimmer.

 

Bis 2025 soll sie wieder als Prachtbau im neuen Glanz, am Baltic Platz stehen. Dies ist die Vorstellung von Dr. Jan und Berend Aschenbeck aus Oldenburg, die das Gebäude im Sommer 2019 privat für zwei Millionen Euro erwarben. Nicht aus reinem Besitzanspruch, sondern aus angenehmen Kindheitserinnerungen heraus, denn die beiden Brüder verbrachten in der Region mit ihren Eltern oft ihre Urlaube. „Die Villa Baltic kennen wir schon, seit wir zehn Jahre alt sind“, so Jan Aschenbeck. „Früher fand dort Disko statt. Ich erinnere mich noch an rote Samtvorhänge.“ So sehr verbunden, führten ihre Wege später als Projektentwickler an die Küste. Viele Projekte haben sie in Norddeutschland bereits entwickelt, darunter auch Denkmäler, wodurch die Aschenbecks nun über die notwendige Erfahrung verfügen, ein Projekt in dieser Größenordnung anzugehen. „Wir sind mit Leidenschaft dabei, werden aber auch keinen wirtschaftlichen Unsinn machen“, so Jan Aschenbeck. Die zwischen 1910 und 1912 erbaute Villa erfuhr Vandalismus und Vernachlässigung. Sie ist heute nur noch trauriges Abbild eines früheren Jugendglanzes und dennoch besitzt sie weiterhin einen besonderen baulichen Charme, der fast schon magisch zu nennen ist. Der Verfall der dreigeschossigen Villa Baltic in Kühlungsborn-West in erster Reihe, ist seit vielen Jahren ein großes Diskussionsthema in der Stadt Kühlungsborn.

Jan und Berend Aschenbeck starten durch und möchten zusammen mit Stadtvertretern und Bürgern über eine tragfähige Nutzung nachdenken. Denn den meisten Kühlungsbornern liegt die Villa Baltic sehr am Herzen und auch Urlauber fragen immer wieder nach, was es mit dem so traurig aussehenden Gebäude auf sich hat. „Wir denken in der Nutzung aus der Immobilie und aus dem Ort heraus.“ Erste Überlegungen und ein Treffen dazu, fanden Ende Januar mit dem Bürgermeister, sachkundigen Bürgern der Stadt sowie Vertretern jeder Fraktion statt. Doch warum nehmen Jan und Berend Aschenbeck das auf sich. Was lässt die beiden Oldenburger so tief in den Geldtopf greifen, um das marode Gebäude wieder auferstehen zu lassen? In früher Jugend wurden sie durch ihre Eltern an die Entwicklung und Realisierung von besonderen Gebäuden herangeführt. 2012 gründeten die Brüder die Aschenbeck&Aschenbeck Projektentwicklung GmbH mit Sitz in Oldenburg. Das Unternehmen zeichnet sich für rund 50 Projekte im Bereich Gewerbe, Gastronomie, Ferien sowie Wohnen verantwortlich. Besondere Lebensräume, die mit hohem Aufwand entwickelt und rekonstruiert werden, treibt die Ökonomen an. Sie arbeiten nachhaltig von der ersten Idee bis zur endgültigen Realisierung.

Kühlungsbornern und Gästen liegt die Villa sehr am Herzen und sie wünschen sich eine Lösung.

Zu Geschichte des Gebäudes: Erbaut als Villa Hausmann, gab es damals davor noch einen kleinen Park mit Skulpturen zur Seeseite hin. Der jüdische Rechtsanwalt Justizrat Wilhelm Hausmann errichtete die Villa als Altersruhesitz für sich und seine Gattin Margarete. Das Ehepaar blieb kinderlos. Sie vermachten die Villa einer jüdischen Hochschule, die darin 1931 ein Erholungsheim eröffnete. 1935 wurde sie von den Nationalsozialisten geschlossen und drei Jahre später von der „Goebbels-Stiftung für Bühnenschaffende“ übernommen. In der DDR erhielt die Villa wieder eine andere Bestimmung als „Kurt-Bürger-Erholungsheim“ des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB). Ganz verrückt wird es, als 1972 daran eine Meerwasserschwimmhalle angebaut wird. Ab da hieß das Gebäude Villa Baltic. Nach der Wende und nach mehreren gescheiterten Bar- oder Discobetreibern wird die Villa an die Jewish Claims Conference übergeben, die früheres Vermögen enteigneter Juden und ihrer Erben geltend macht. 2003 verkauften sie es, der Investor ging jedoch pleite. 2017 wurde die Schwimmhalle abgerissen, seit der Wende verfiel die Villa zusehends. Es kam Hoffnung auf, als 2009 der Augenarzt Prof. Dr. Mathias Wagner das haus erwarb. Der Lausitzer wollte darin ein Hotel einrichten und die Schwimmhalle integrieren.

 

 

 

 

Daraus wurde aus verschiedenen Gründen nichts. Nun möchten die Aschenbecks die Villa Baltic aus ihrem Winterschlaf erwecken. Ihnen steht die einstige Schönheit des Hauses bildlich vor Augen. Dank ihrer Firma besitzen sie das nötige Knowhow, um solch ein Mammutprojekt stemmen zu können, denn es wird viele Jahre dauern, bis darin wieder Leben einkehrt, dessen sind sie sich bewusst.

Der Bebauungsplan muss geändert werden, damit eine Nutzung für die Villa Baltic gewährleistet werden kann und die beiden mit den Sanierungsarbeiten loslegen können. Bisher entsorgten die Aschenbecks containerweise Müll, entrümpelten die Villa und machten sie einbruchssicher. Denn Diebe bedienten sich eines alten Reliefs, welches über dem Kamin in der großen Eingangshalle hing. Zusätzlich wurde das Dach verschlossen, damit keine Feuchtigkeit mehr von außen eindringen kann. Eine große Herausforderung ist auch, dass der Dachstuhl mit Krebserregenden Mitteln bearbeitet wurde. Noch ist jedoch nicht klar, was in der Villa Baltic entstehen soll. Kommt noch hinzu, dass sich der Hauschwamm an fünf Stellen ausbreitete. Architekten, Gutachter und Vermessungsingenieure sind dabei eine Bestandsaufnahme durchzuführen und mithilfe von Computermodellen mögliche Sanierungsszenarien zu erstellen. „Wir haben ja durch den jahrelangen Lehrstand augenscheinlich schon viel Befall. Da werden wir sehen, wie wir eingreifen müssen, um das Haus retten zu können“, sagt Jan Aschenbeck. Vor allem im Obergeschoss wird das sichtbar. Wasser sickerte jahrelang durch undichte Stellen im Dach und arbeitete sich durch drei Stockwerke nach unten. Ein dreiviertel Jahr kann es nun dauern, bis die Bestandsaufnahme abgeschlossen ist. „Über viele Jahre Entwicklungszeit reden wir hier insgesamt. Das ist aber normal“, sagt Jan Aschenbeck. Die Brüder Aschenbeck möchten die Villa Baltic möglichst wieder in ihren Urzustand versetzen. „Da konnte uns der Kreisbodendenkmalpfleger Alexander Schacht schon sehr mit historischen Aufnahmen helfen. Er steht uns unterstützend zur Seite.“ Die Herausforderung besteht auch darin, das Konzept mit dem Denkmalschutz in Einklang zu bringen. „Es wird eine Manufakturabeit werden“, sagt Jan Aschenbeck. Mit Fragmenten, alten Fotos, viel Herzblut und Fachwissen möchten Jan und Berend Aschenbeck den Staub der Vergangenheit von der Villa Baltic wischen und scheinen auch ausreichend Durchhaltevermögen zu besitzen vor allem jedoch die Liebe dazu sich solch historischen Perlen zu widmen und ihnen zu neuer Schönheit zu verhelfen.

www.aschenbeck.de

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