Reihe: Familiengeführte Hotels in Kühlungsborn – Hotel Polar-Stern

Die Jugendstilvilla in der Ostseeallee ist schon seit 1993 ein familiengeführtes Privathotel. Heute sind unter ihrem Dach 2 Generationen und 7 Familienmitglieder tätig. Erst im März 2021 wurde Luise Emilia geboren, sozusagen als Vertreterin der 3. Generation. Die weiteren Besonderheiten des Polar-Sterns sind seine Internationalität – durch Gastkünstler, durch Sprachen – und seine herausragende Verbindung zum schottischen Whisky und zum Clan MacLeod. Alles zusammen genommen hat echten Seltenheitswert, weit über die Region hinaus. Eine Begegnung mit Dagmar und Albrecht Kurbjuhn, Clemens Kurbjuhn, Vera (geborene Kurbjuhn) und Christian Kerber sowie Sarah (geborene Kurbjuhn) und Sebastian Koller.

Wie war die Aufgabenteilung damals 1993 und wie ist sie heute?
Dagmar Kurbjuhn: Meine Familie durfte gerade das 3. Enkelkind begrüßen, deshalb bin ich auch wieder in den Betrieb eingestiegen. Zuvor hatte ich 26 Jahre gearbeitet und mich dann aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, weil die Jungen das wirklich toll machen. Zu meinen Aufgaben gehörten die Rezeption, Buchführung und Personalgespräche.

Albrecht Kurbjuhn: Am Anfang war unsere Aufgabenteilung immer, dass Dagmar „Innenministerin“ ist und ich als „Außenminister“ fungiere. Das hatten wir untereinander auch so besprochen. Die Innenministerin ist vor Ort präsent, kümmert sich um Einkauf, Personal, Buchhaltung und Interviews. Der Außenminister beschäftigt sich mit Marketing, Verkauf und dem Netzwerken. Schon ganz früh waren wir Mitglied im Fremdenverkehrsverein und im Vorstand des Vereins Mecklenburgischer Ostseebäder. Es ging um das Bemühen, den Polar-Stern in sein näheres und weiteres Umfeld zu integrieren. Auch um das Bankwesen, Investitionen und die Baumaßnahmen habe ich mich gekümmert.

Christian Kerber: Meine Frau Vera war schon im Hotelbetrieb im Service dabei, als ich 2010 mit eingestiegen bin. Aus dem ehemaligen Grillarium wurde Bülow’s GartenLounge als eigenständige Gastronomie, und als größere Heimat für die Whiskys. Das war mein Bereich als Barmanager und im Service. Die Marke stand somit. Wir haben dann die Abläufe optimiert und unsere Kompetenz gestärkt. Von Anfang an gab es dabei nicht nur im Sommer Livemusik, sondern ganzjährig.

Albrecht Kurbjuhn: Christian hat ein fantastisches Eventprogramm zusammengestellt und die Taktfrequenz erhöht, vorher hatten wir nur punktuell Theater oder Bands. Im Ergebnis gab es wesentlich mehr Vielfalt und Systematik in der GartenLounge.

Vera Kerber: Nach der Geburt unserer Kinder Hugo und Theo in 2010 bzw. 2013 musste ich arbeitsseitig etwas kürzertreten, bin aber immer noch im Frühstücksservice, um den Gästen einen „sonnigen“ Tagesanfang zu bescheren.

Sarah Koller: Angefangen habe ich als Assistentin der Geschäftsleitung im September 2011. An der Rezeption konnte ich von meiner Mutter vieles lernen, insofern wurde ich nicht ins kalte Wasser geschmissen. Im nächsten Step gab es dann im Hintergrund immer mehr Aufgaben, die ich übernahm. 2018 erfolgte eine Art symbolische Übergabe an uns als nächste Generation, zum 25. Geburtstag des Polar-Sterns. Seitdem bin ich zusammen mit Christian stellv. Geschäftsführerin. Unsere Eltern sind aber noch präsent, denn die Übergabe ist ein mehrjähriger Prozess. Einige meiner konkreten Aufgaben: Buchhaltung, Steuerthemen, Einstellungsgespräche, Housekeeping und Rezeption. Mein Schwager Christian leitet den Bereich Food & Beverage.

Sebastian Koller: Zum 1.9. steige ich offiziell mit in den Familienbetrieb ein, als stellv. Geschäftsführer neben meiner Frau Sarah, die ich 2013 kennenlernte, und Christian. Das Hotel war eigentlich immer Thema bei uns, und bei einigen Veranstaltungen war ich auch schon dabei. Mein Bereich wird die Personalentwicklung sein, auf längere Sicht auch Infrastrukturmaßnahmen im Digitalen sowie beim Gebäude.

Clemens Kurbjuhn: Ich war mit dabei, als mein Bruder Albrecht und meine Schwägerin 1993 das Haus übernahmen. Es gibt noch Fotos, auf denen wir auf der Baustelle gemeinsam den Vorschlaghammer schwingen. 2005 dann erreichte mich in Mainz die Frage, ob ich an der Rezeption einspringen könne – für ein paar Jahre. Daraus sind 16 Jahre geworden, und ich habe schon bekundet, unserem Familienunternehmen gerne noch eine weitere Dekade erhalten bleiben zu wollen.

Sarah: Was Clemens mit seiner Auslandserfahrung auch ganz stark eingebracht hat, ist die Möglichkeit, international zu kommunizieren: englisch, schottisch, irisch, amerikanisch, australisch, türkisch oder auch griechisch.

Clemens: Tatsächlich empfinde ich meine Erfüllung im Dienste am Gast: in seiner individuellen Zufriedenheit. Manche Stammgäste sagen auch, ich sei der „gute Geist“ des Hauses. Ich betrachte mich als eine Art Bindeglied zwischen den beiden Generationen der Senior- und Juniorchefs und bin hauptsächlich als Rezeptionist tätig. Darüber hinaus wird auch bei anderen Aufgaben mit angepackt: Backoffice, IT oder Tagungen & Events.

Dagmar: Was uns auch noch auszeichnet: Wir hatten im Winter stets Gastkünstler im Hotel über mehrere Wochen oder Monate. Diese konnten kostenfrei hier wohnen und arbeiten, und als Dankeschön bekamen wir ein Bild bzw. Kunstobjekt als permanente Leihgabe. Deshalb kann man im Polar-Stern z. B. kubanische, chinesische, ukrainische und nordeuropäische Kunstwerke entdecken. Es ist überall sichtbar, dass wir ein internationales Haus sind.

Wie schafft man es, Familienleben und Arbeitsleben unter einen Hut zu bekommen?
Albrecht: Es geht nur mit gegenseitigem Respekt, Humor und Anerkennung der Stärken voneinander, aber auch der Schwächen. Wir sind alle unterschiedlich. Der Anspruch ist es, unsere jeweiligen Vorteile einzubringen und die Nachteile möglichst selbst auszugleichen. Nicht auf Schwächen herumreiten und sich deshalb angiften, oder auf Stärken neidisch sein.

Clemens: Was bei uns glücklicherweise dazukommt ist, dass wir tatsächlich alle unterschiedliche Stärken haben. So können wir sagen: Das hier ist genau meine Schwäche, bitte übernimm du den Part. Daraus wird im Ergebnis gegenseitige Bereicherung.

Dagmar: Was wir neuerdings eingeführt haben, es klappt zwar nicht immer, wir wollen das aber stärken: Wenn sich die Familie privat trifft, zum Grillen oder Feiern, dann bleibt das Hotel außen vor. Dafür gibt es wiederum die „Häuptlingstreffen“. Dann kommt die ganze Familie z. B. beim Frühstück zusammen und wir besprechen alle geschäftlichen Themen mit festgelegter Tagesordnung.

Clemens: Ich habe für mich ergänzend gelernt, wenn die Arbeit bei privaten Treffen manchmal dann doch zur Sprache kommt, ist das eigentlich ganz natürlich. Denn das Hotel ist einfach ein so großer Teil unseres Lebens, da kann man nicht einfach in den Feierabend gehen. Das Business vom Polar-Stern ist mehr als ein Business.

Sebastian: Die Erfahrungen des Sommers 2020 haben nochmal bestätigt, dass es wirklich notwendig ist, die Kommunikation auch zu kanalisieren. Ihr habt konkret angefangen, bei WhatsApp die Chatgruppen zu trennen, um nicht private mit dienstlicher Kommunikation zu vermischen. Das erzeugt sonst nämlich Stress.

Was hat die neue Generation demnächst vor?
Christian: Die letzten sechs Monate mit dem Lockdown waren eine wichtige Zeit für uns, um zu reflektieren und neue Schlussfolgerungen zu ziehen. Wir haben uns in den Prozessen umgestellt, Aufgaben und die interne Organisation angeschaut. Ich glaube, dass sich Gäste in Zukunft bewusster erholen werden – und die „Lebenskunst“ im Urlaub wiederentdecken. Und dass sie sich mehr Zeit für Gesundheit nehmen, auch im Urlaub. Dass wir vom klassischen Ferienhotel mehr zu einem ganzheitlichen Aufenthaltsort kommen, das gesamte Jahr über.

Sarah: Wir wollen uns weiterentwickeln beim Stichwort „Genusswellness“. Unsere Stärke ist die Gastronomie, bei uns ist gut essen und gut trinken der Schwerpunkt. Wir überarbeiten das Frühstücksbuffet, verlängern die Angebotszeiten und bauen die Regionalität weiter aus. Zusätzlich zu unseren Fleischspezialitäten soll die vegane Schiene mitberücksichtigt werden – so dass auch vegan lebende Gäste im Bülow´s Steak Restaurant fündig werden.

Sebastian: Ein großer Baustein wird nochmal das Unterstreichen des Familienbetriebs als Arbeitgebermarke sein. Warum lohnt es sich, hier in der Polar-Stern-Familie Mitglied zu werden? Wir sind ein verlässlicher Partner. Wir wollen einen guten Plan anbieten für jeden, der hier mitmachen möchte, der seine Gedanken und seine Lebenszeit einbringt.

Christian: Ein Stück weit lässt sich das Thema Gesamtkonzept auch auf den Ort übertragen. Qualität, Verweildauer, Abwechslung, die Möglichkeiten die Kühlungsborn bietet – das wird auch in Zukunft immens wichtig bleiben. Was ist künftig an Kooperationen wichtig, auch mit anderen Partnern? Was werden Gäste nachfragen, was wird ihnen wichtig sein?

Albrecht: Die Wurzeln des Polar-Sterns sind noch da, aber es sind glücklicherweise auch andere Triebe dazugekommen. Wurzeln im Sinne der Whiskykompetenz und des Anspruchs, die besten Steaks der Region anzubieten. Dann die Internationalität und der Ausgangspunkt, dass die Vergangenheit Kühlungsborns ein Teil unserer Zukunft ist. Also die Symbiose von Tradition mit einer Offenheit für Innovation und Kreativität. Ich gehe davon aus, dass unsere neuen „Häuptlinge“, ähnlich wie bei der GartenLounge oder mit der hinzugewonnenen Weinkompetenz, zukünftig noch weitere Triebe herauskitzeln werden aus dieser Polar-Stern-Pflanze.

www.polar-stern.com

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